Weiterbildung geschieht jeden Tag, nur wirklich lernen tun wir dabei nicht. In meinem Coachingansatz unterscheide ich prinzipiell zwischen Bildung und Lernen.
Zunächst fängt natürlich jeder Mensch unmittelbar nach seiner Geburt an, zu lernen. Seine Sinne nehmen wahr und er verarbeitet das Wahrgenommene. Irgendwann kommt der Punkt, der sicherlich zeitlich nicht mehr fixierbar ist, aber um die Schuleinführung liegt, an dem Lernen endet und wir uns nur noch bilden. Die Basis ist vorhanden und alles Weitere baut darauf auf. Wir machen es mit mehr oder weniger Freude, im Rahmen unserer Begabungen oder weil wir wissen, nur durch Leistung etwas (Anerkennung) erreichen zu können. Bereits als Kinder werden wir aber auf das, was wir wissen dürfen und wie wir denken sollen, festgelegt. Diese Grenzen werden durch das Elternhaus, die Schule und die Gesellschaft gesteckt. Sie begleiten uns, wenn wir sie nicht erkennen und durchbrechen wollen, unser ganzes Leben. Sie schränken uns ein, fesseln uns, machen uns zu Gefangenen unseres eigenen Verstandes, bzw. Unverstandes. Wir sitzen in einem Gefängnis und sind gleichzeitig unser eigener Wärter.
Zeitung lesen, die Glotze drangsalieren, Romane lesen, selbst ein Studium sind alles Dinge, die unter Bildung fallen, auch wenn wir scheinbar Neues „lernen“. Das sind alles Aktivitäten, die unseren Grenzen entgegen kommen, sie sicherlich einseitig ein wenig erweitern, aber nicht aus ihnen heraus führen. Wir schauen den Tellerrand hinauf, aber noch nicht über ihn hinaus. Selbst wenn wir diese Dinge freiwillig und mit Freude und immer wieder tun, wir sind immer nur in unserer Komfortzone, die Lernzone ist damit nicht erreicht, gleich gar nicht die Erkenntniszone.
Lernen beginnt dort, wo wir unsere Skepsis gegen anderes Denken und Tun ablegen, wo wir völlig neues, durchaus auch historisch altes Gedankengut in uns aufnehmen und unser Denken und Tun verändern. Sätze, wie „…das glaube ich nicht!“, „…das ist doch Quatsch!“ oder „…solch ein Unsinn“ gehören dann der Vergangenheit an. Mit dem Lernen hören wir auf, uns selber zu beschränken und zu limitieren. Wir schauen tatsächlich über den Tellerrand hinaus ohne Angst zu haben, vom Rand zu stürzen.
Ein Beispiel: Mein Sohn und meine Tochter lesen wie ich das Buch „Der Alchemist“ von Paulo Coelho. Für meine Kinder ist es ein Buch, das die phantastische Reise eines jungen Mannes erzählt, seine Abenteuer und Begleiter beschreibt. Für mich ist es die Geschichte eines Hirten, der über seine Grenzen hinaus geht, nach Wegen sucht, seinem Leben einen anderen Sinn zu geben und dabei täglich seine eigenen Grenzen erweitert, oftmals sprengt. Es ist eine Anleitung zum Handeln, für jung und alt. Jede Seite des Buches ist ein Erlebnis, ein AHA-Effekt für mich oder eben im Sinne von „aha Paulo, du auch!“