EGO-Psychologie
Ich befasse mich mit dieser Thematik, da ich in der Auseinandersetzung mit dem Thema Psyche und damit verbundener Denk- und Verhaltensweisen auf Fragen gestoßen bin, die sich für mich als äußerst widersprüchlich erweisen.
Der Begriff „Psyche“ kommt aus dem Griechischen und bezeichnet das Wort „Seele“. Die Psychologie ist demnach die Lehre von der Psyche, der Seele!?
Was ist aber die Seele?! Die Seele ist etwas, woran in aller Regel nur Menschen glauben, die einen spirituellen Zugang zu dieser Welt haben, wobei spirituell nicht gleich religiös bedeutet. Teile des Christentums haben z. B. die Lehre von der Inkarnation aus Ihren Büchern verbannt. Diese Spiritualität sagt, dass alles Leben beseelt ist. Die Seele hat in dem Zeitraum der Verweildauer des Menschen auf unserer Erde eine körperliche Hülle, die uns als Lebewesen für andere sichtbar macht. Die Seele ist unsterblich und kommt in vielen Inkarnationen immer wieder auf die Erde, um eine Aufgabe zu erfüllen, ein Thema zu bewältigen. Die Seele enthält alle Informationen aus allen unseren Leben, welche uns aber im gegenwärtigen Leben mit zunehmendem Bewusstsein im Sinne des Erkennens der Welt und der EGO-Ich-Werdung nicht bewusst sind, aus unserem Bewusstsein entrücken.
Gerade dieses Erkennen der Welt und das zunehmende eigene Bewusstsein im Sinne von sich im Verhältnis zu anderen wahrnehmen, führt zu dem Entrücken vom tatsächlichen Selbst, hin zum „Ich“. „Ich“ heißt Identifikation mit meinem Namen und meinem Bild – Spiegelbild. Genau in diesem Bild liegt das Problem der Psyche begraben, im wahrsten Sinne des Wortes. Unsere Seele ist nicht tot, aber trotzdem in uns von uns und unseren Lieben begraben.
Dieses Begräbnis ist ein Prozess von vielen Monaten und vollzieht sich unabhängig von unserem Bewusstsein. Er ist offensichtlich gewollt und auch notwendig, um in der heutigen Welt als Ganzem, aber auch schon der kleinen Welt der Familie bestehen zu können. Erst das Erwachsensein ermöglicht uns den Weg zurück zu uns selbst, zu dem wirklichen Selbst.
Die Seele in uns ist auch jener Teil, der uns sagt, das wir nicht ein von anderen Menschen, der Natur und der Welt losgelöstes Wesen sind, sondern dass alle Menschen miteinander verbunden sind, das wir ein Teil von allem und alles ein Teil von uns ist.
Wie werde ich aber nun zu dem „Ich“, was ist und wie entsteht mein EGO?!
Grundsätzlich möchte ich voranstellen, dass das EGO nichts Schlechtes oder Negatives ist. Es gehört zu uns und es ist ein Teil von uns. Anerkennend muss man sagen, dass es uns lange Zeit vor Verletzung und damit Schmerz schützt, genau deshalb entsteht. Wenn man seine Bedeutung erkennt, kann es auch ein Berater und Freund sein, wir können es nicht bekämpfen und auch nicht besiegen, aber wir können es liebevoll anerkennen und es aus der ersten Reihe stehend auch in die zweite und dritte Reihe setzend begleiten. Das EGO ist ein Panzer ähnlich einem Kokon, der, wollen wir zu unserem Selbst gelangen, aufplatzen muss und es kommt ein wunderschöner Schmetterling zum Vorschein. Der Kokon öffnet sich naturgemäß von selbst, wir können bei uns zu diesem Prozess durch Tun im Sinne von Offenheit und Neugier oder Unterlassen beitragen, auch so, wie das Gras nicht schneller wächst, wenn man daran zieht.
Bereits mit dem Akt der Zeugung des zukünftigen Erdenbürgers beginnt der Prozess der Wahrnehmung der Umgebung des Fetus, des Gewollt seins, der liebevollen Zuwendung, der Achtung und Anerkennung, des Geborgen seins, oder aller davon gegenteiligen Möglichkeiten. Es sind die teilweise schon traumatischen pränatalen Ereignisse/Erlebnisse. Von dem Trauma der Geburt wollen wir hier gar nicht sprechen.
Dieses kleine hilflose Wesen ohne Orientierung in der Welt, ohne die Möglichkeit, sich außer durch Schreien bemerkbar, nicht verständlich zu machen, hat nur ein Bedürfnis, einen Wunsch – Nahrung, Liebe und Wärme. So, wie es diese Bedürfnisse einzeln oder in Summe befriedigt bekommt, wächst sein Vertrauen in die umgebende Welt und damit Sicherheit oder es wachsen Ängste. Diese Ängste führen zu Verhaltensänderungen, nicht heute oder morgen, aber mit dem Heranwachsen bereits schon des Babys. Das Neugeborene ist frei von Bewertung und Beurteilung, frei von jedem Subjektivismus, einfach offen für die Welt und alle Liebe dieser Welt. Anders dagegen sind die Eltern, das gesamte familiäre Umfeld. Sie sind weder frei von Bewertung und Beurteilung, noch Verurteilung, sie leben ihren Subjektivismus, sie haben Erwartungen und haben Ängste, sie haben ihr ganz persönliches ausgeprägtes „Ich“, ihr EGO. Dies schlägt sich unmittelbar auf ihr Verhalten gegenüber dem Kind nieder. Sie wollen ein Kind, welches ihren Vorstellungen und Erwartungen entspricht. Es darf nicht bleiben, wie es ist, es muss werden, wie es soll und so sind wir nicht, wer wir sein wollen, sondern immer die/der, die/der wir sein sollen.
Angst ist die Geißel der Menschheit. Angst ist offensichtlich auch das erste, das stärkste und das letzte Gefühl, mit dem wir unser ganzes Leben konfrontiert werden. Dabei sind wir nicht in der Lage, zu unterscheiden, ob es sich nun um eine tatsächliche, lebensbedrohliche oder eine virtuelle, eingebildete Angst handelt. Schließen wir tatsächliche, lebensbedrohliche Ängste einmal aus, so haben wir es immer mit Ängsten um mangelnde Liebe und Anerkennung, gleich ob zunächst körperlich und verbal oder später dann auch materiell zu tun. Angst ist immer mit einem Schmerz verbunden. Haben wir diesen erfahren, möchten wir ihn möglichst nicht wieder haben, zumindest nicht in dieser Form oder Stärke. Also passen wir uns mit unserem Verhalten an das Umfeld an, schließlich wollen wir Liebe und Anerkennung erfahren. In der Folge passen wir uns sogar mit unserem Denken, wir handeln nicht mehr nur synchron für Anerkennung, sondern wir denken auch synchron, um nicht in Widerspruch zu kommen und abgewiesen zu werden.
Das Kind bekommt also nicht die gewünschte Anerkennung für sein ursprüngliches und natürliches Verhalten, sondern für das von den Eltern/der Familie gewünschte Verhalten. Das Kind lernt somit, sich in seinem Verhalten anzupassen, um die notwenige Anerkennung zu erfahren. Mit dieser Anpassung, begonnen beim Verhalten, später dem Sprechen, verbunden mit dem Denken, entsteht in dem Menschen ein Bild davon, wie er zu sein hat, um anerkannt zu werden. Somit haben wir ein Bild von uns, von dem wir glauben, dass es ein gutes und richtiges Bild ist, um geliebt zu werden. Wir verlassen unser Selbst und spielen eine Rolle, wir werden Schauspieler, manche in einer sich ständig wandelnden Rolle, andere in einer ständig anderen Rolle. Dieses Bild, diese Rolle ist das, ist unser EGO. Es sagt uns, was wir zu tun und zu lassen haben, was gut und richtig ist, wer zu uns passt und wer nicht, es sagt uns, wer wir zu sein haben. Wir, unser EGO ist aus Angst, zu verlieren (Depression), sich hinzugeben (Schizophrenie), zu verändern (Zwanghaftigkeit) oder auch zu bewahren (Hysterie) ständig damit beschäftigt, uns zu recht zu weisen. In unserem EGO haben sich aufs engste mit den Ängsten um Liebe und Anerkennung Glaubenssätze verankert, die unser Denken und Handeln bestimmen.
Das EGO ist immer nach außen orientiert, es giert und schreit förmlich nach Aufmerksamkeit und Anerkennung. Es ist der Teil in uns, der uns im Außen danach suchen lässt, uns zu vervollständigen und die Unvollständigkeit durch Sucht (Rauchen, Trinken Essen, Sex, Erbrechen, Arbeiten, Konsumtion – materiell, visuell, akustisch) kompensiert. Im Marxschen Sinne können wir hier dann sagen; “Das Sein bestimmt das Bewusstsein!“ Nur unser EGO reagiert mit Zorn, Wut, Groll und Schuld auf Kritik, mit Kritik auf Schuld und Scham, Zorn und Wut und lässt aus all dem dann wieder Angst entstehen. Das EGO hat unsagbare Angst, aus der Aggressivität entsteht und um diese abzureagieren schaffen wir uns Feindbilder, die mit Leben erfüllt einen unheilvollen Kreislauf am Rotieren halten.
Unser EGO, unser Bild von uns, von dem wir überzeugt sind, das wir es tatsächlich sind, ist das Ergebnis von Anpassung. Es entsteht im Kopf und wird ausschließlich von ihm gesteuert. Unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit haben uns, so glauben wir, etwas gelehrt. Nun wollen wir in der Zukunft besser sein, um zum einen Schmerz zu verhindern, zum anderen nach außen besser da zu stehen. Also glauben wir, in der Gegenwart unsere Zukunft beeinflussen zu können. Da unser EGO aber das Ergebnis von Ängsten aus der Vergangenheit ist, werden wir meist wenig positive verändernde Ratschläge erfahren, als viel mehr die Vergangenheit zu reanimieren. Wir haben es verlernt, auf etwas anders, als unseren Kopf, unser EGO zu hören. Unser Körpergefühl, unser Bauchgefühl wird unterdrückt.
Obwohl das EGO ein Ergebnis von Anpassung mit dem Ziel der Erlangung von Anerkennung durch andere Menschen ist, ist es zugleich die Ursache für Losgelöstheit und Konkurrenzdenken. Das EGO sagt uns „unterscheide dich, sei besser!“ und mit diesem Ziel wird jede uns umgebende Person gewertet und bewertet, beurteilt und verurteilt und nur selten kommt der andere dabei gut weg, außer, er denkt und handelt wie wir selber. Das EGO lässt den Partner und den Kollegen als Konkurrenten erscheinen, lässt die Eltern ihre Kinder entweder als weniger begabt oder als Ersatz für den eigenen nicht verwirklichten Lebensinhalt sehen.
So, wie es das persönliche EGO gibt, das sich über andere Menschen und deren EGO stellt, so gibt es das EGO der Parteien, der Sportclubs, der Wirtschaftunternehmen und des Staates. Und genau mit den gleichen Symptomen des persönlichen EGO`s tritt das wirtschaftliche, sportliche und das politische EGO auf – „ich weis es besser, ich sage Dir, was Du zu tun und zu lassen hast, ich bin schließlich besser als Du“. Schauen wir genauer hin, so finden wir dann in den wirtschaftlichen und sportlichen Organisationen ebenso, wie in denen des Staates, aber nun eben systemisch in organisierter Form die sonst beim einzelnen EGO vorhandenen Krankheiten von Schizophrenie, Depression, Zwanghaftigkeit und Hysterie.
Auf Grund persönlicher Erfahrungen, aber auch den Gesprächen mit Freunden und Bekannten als Klienten von Psychologen, aber auch aus unmittelbaren Gesprächen mit diesen zum Thema „Psyche“ habe ich die Erfahrung gewonnen, dass sich die Psychologie auch als Therapie bis auf ganz wenige Ausnahmen immer nur mit dem EGO befasst. Um A. Einstein zu zitieren „Ein Problem lässt sich nie auf der Ebene lösen, auf der es entstanden ist“, ist die klassische Psychologie wohl nicht in der Lage, wirkliche psychische Probleme bei den Menschen zu lösen. Tatsächlich ist die Psyche des betreffenden Menschen aus dem Gleichgewicht geraten, aber das schon mit der Entstehung und Ausprägung des EGO. Wenn also ein Problem auftritt, so ist es offensichtlich ein EGO-Problem, aus einer Angst erwachsen. Jetzt kann das EGO/Angst-Problem in dem einen Bereich geklärt werden, wird aber, wenn wir nicht wirklich nach Einstein in eine andere Ebene gehen, nur verschoben. Das Problem tritt mit einem anderen Vorzeichen wieder auf, wir verschieben praktisch nur die Ängste.
Das, was sich als Psychologie bezeichnet, fragt nicht mehr danach, „Wer bin ich, was ist mein tatsächliches Wesen?“ sondern über allem steht die Frage „Wie komme ich zurecht, wie kann ich überleben?“ Es wird auch nicht mehr die Frage danach gestellt, was an dem System, in dem wir leben und das krank macht, nicht stimmt, sondern immer nur danach gefragt, was an einem selber nicht stimmt. So werden persönliche Minderwertigkeit, die offensichtlich auch die Grundlage für Depression, Schizophrenie, Hysterie und Zwanghaftigkeit sind, im Sinne von Schuld und Angst immer weiter ausgeprägt und vertieft. Mutter und Vater der heutigen Psychologie sind Antworten auf die Frage „Was bin ich, wer soll ich sein?“, das gut Aussehen, gut Fühlen und es geschafft zu haben. Die Frage nach dem „Wer bin ich?“ ist zur Stiefmutter herabgewürdigt.
Die so genannte Psychologie ist also keine Lehre von der Psyche, sondern die Lehre vom EGO, also eine EGOlogie.
Da sich heute hinter der Psychologie so, wie hinter der gesamten Medizin eine Industrie mit hohen Gewinnmargen breit gemacht hat, Geld verdient wird, hat die Psychologie kein bis wenig Interesse an einer Gesundung der Menschen. An gesunden Menschen lässt sich nichts verdienen.
Was ist das Gegenteil von Angst, nein, nicht Mut! Es ist Liebe. Alle unsere Probleme in der Persönlichkeitsstruktur und den Symptomen von EGO-(manche sagen auch Geisteskrankheiten) Krankheiten haben ihre Ursache in mangelnder Liebe und Anerkennung, vor allem auch einem unterentwickelten Maß an Eigenliebe und der notwendigen Selbstachtung ohne Egoismus und Egozentrik.
Wollen wir einem betroffenen Menschen tatsächlich helfen, ist es aus meiner Sicht erforderlich, ihn dahin mitzunehmen, dass es ein Bild gibt, das er von sich hat und in dem er lebt und in dem er sich nicht selten als den Mittelpunkt der Welt sieht und damit sich der Welt entrückt oder diese von sich entrückt sieht. Unser EGO ist nur Schein, kein Sein.
Beschäftigen wir uns in der Psychologie tatsächlich mit der Psyche, der Seele, und nicht mehr primär und ausschließlich mit dem EGO, so kommen wir von einer Problemverschiebung zu einer Ursachenbehandlung. Wir erkennen Auswirkungen durch ihre Ursachen und nicht Ursachen durch ihre Auswirkungen.
In der Endkonsequenz bedeutet dies auch, dass wir uns eine Klarheit zu den Begriffen schaffen müssen, mit denen wir arbeiten und nach der begrifflichen Klarheit die Ziele neu zu definieren. Dazu ist es erforderlich, die Dinge auf ihren Ursprung zurück zu führen, nicht mehr ein Abbild oder eine Kopie für das Original zu halten.
Das EGO ist unser zweites Gesicht, die Maske, hinter der sich alles versteckt. Echt ist das wirkliche Gesicht, liebevoll und angstfrei.