Seit dem 01. März 2011 wissen wir einmal mehr, dass die deutschen Arbeitnehmer ein „Bindungsproblem“ haben. Lesen wir die Zahlen und die Begründung unter http://blog.jobijoba.de/2011/03/01/gallup-studie-jeder-funfte-hat-innerlich-gekundigt , so ist die hier gegebene Antwort reichlich platt und oberflächlich, um nicht von Unkenntnis zu sprechen.
In dem Buch „Der Fürst“ von Nicolo Machiavelli, veröffentlicht 1532, allerdings bereits mehr als 10 Jahre zuvor fertig gestellt und als „Andienung“ für den Eintritt in die Dienst der de Medici geschrieben, können wir folgendes lesen: „ …, und es sollte doch jedem lieb sein, jemanden zu Diensten zu haben, der auf Kosten anderer seine Erfahrungen gesammelt hat.“ Dieses Zitat steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Beziehungen und Verbindungen zwischen den Menschen, so wie das gesamte fast 500 Jahre alte Buch viele Einblicke in unsere heutigen Strategien der Politik und des Management zulässt.
Bleiben wir bei dem Begriff „Bindungsproblem“, so müssen wir zunächst erst einmal nachfragen, was notwendig ist, um eine Bindung herzustellen. Ich denke, es braucht dafür zwei wesentliche Dinge, nämlich einerseits eine Beziehung und andererseits die Motivation. Fragen wir wie in der Evolution, was denn zuerst da war, das Ei oder die Henne, so ist die Frage hier bei Beziehung und Motivation sicherlich einfacher zu beantworten. Das erste, was wir als Menschen herstellen, ist eine Beziehung Eltern / Kind, bzw. Kind / Eltern. Je, nach Prägung der Eltern ist die Beziehung stärker oder schwächer. Erst später entsteht dann aus dieser Beziehung eine Bindung und nach und nach Motivation. Arme Teufel, z. B. die Kinder reicher Adliger, wie unser Prinz Charles oder die Kinder aus dem Haus Monaco oder Anhalt haben auf Grund eines Mangels an elterlicher Bindung im späteren Leben erhebliche Probleme eheliche Bindungen einzugehen oder zu halten. Nicht selten haben junge Mütter ein Problem, unmittelbar nach der Geburt zu dem Kind auch gleich eine Beziehung herzustellen. Ganz nach Fähigkeit der Eltern ist es uns als später erwachsenen Menschen je nach Selbst- und Fremdreflektion wiederum möglich, Beziehungen einzugehen. Beziehung ist die Voraussetzung für Bindung.
Anders verhält es sich mit dem Thema Motivation. In der Wissenschaft unterscheiden wir zwischen intrinsischer (innen) und extrinsischer (außen) Motivation. Diese Differenzierung ist allerdings keine wirkliche Wahrheit, da es Motivation von außen nicht gibt. Motivation kommt von innen, was von außen kommt, kann immer nur Manipulation sein. Über manipulative Versprechen (z. B. Werbung) wird versucht, eine Motivation anzusprechen und im Sinne eines vermeidlichen persönlichen Ziels/Gewinns auszunutzen. Wer keine innere Einstellung zu einer Sache hat, kann durch äußere Umstände auch immer nur für kurze Zeit „am Laufen“ gehalten werden, bevor der Reiz von außen erhöht werden muss, um weiter zu laufen. Eine Uhr, die man nicht aufzieht, bleibt stehen. Die Zeit, die uns eine Uhr anzeigt, ist auch nur eine Erfindung des Menschen und wird heute hauptsächlich zu manipulativen Zwecken benutzt – Folge: z. B. Burn out.
Wodurch entsteht denn aber nun im o. g. Beispiel eine Beziehung und in Folge dann auch eine Bindung, die sich auch noch auf die Motivation nieder schlagen?
Was macht es deutlicher, als ein praktisches Beispiel. Da die Hermetik in einem ihrer Gesetzt sagt „Wie oben so unten“, kann man auch übersetzten „Wie im Großen, so im Kleinen“, heißt, ein Beispiel aus dem Mikrokosmos, das auf den Makrokosmos übertragbar ist.
Bis zum März 2007 haben meine Frau und ich zusammen in dem Ort Schöneiche bei Berlin eine schöne Wohnung im Parterre mit einem Garten daran bewohnt. Diesen Garten hatten wir mit vielen schönen Pflanzen gestaltet, einen Teich angelegt und unmittelbar an das Wohnzimmer angrenzend eine Terrasse mit Holz gestaltet und einem Zugang zum Teich. Eine zweite Terrasse gab es dann noch auf der anderen Seite vom Teich. Die zu großen Teilen aus Dreck bestehende Erde habe ich mit vielen Fuhren Pferdemist angereichert und so ein üppiges Grün unterstützt. Es waren schöne Gartenmöbel vorhanden, Insektenspannrahmen vor einzelnen Fenstern, Gartengeräte und allerhand andere Dinge, die das Stück Grün verschönen und zur Gestaltung genutzt werden konnten.
Mit unserem Wegzug hatten wir keine Gelegenheit, die Pflanzen, Geräte und die anderen für den Garten nützlichen Dinge mitzunehmen. Weg schmeißen oder unbrauchbar machen wollten wir sie auch nicht. Der Teich war inzwischen eine Oase für Kleintiere, wie Frosche und Kröten, hatte Fische und Muscheln und in der Flachzone haben die Vögel an heißen Tagen ein erfrischendes Bad genommen. In der näheren Umgebung, aber vor allem bei dem über uns wohnenden älteren Ehepaar galt der Garten als bewundernswert (was bestimmt auch immer subjektiv ist).
Unsere Nachmieter waren ein junger Mann mit Frau und Kind, er als Einkäufer für eine große deutsche Baumarktkette tätig. Mit der Bemerkung, sich dass auch alles preiswert neu kaufen zu können, war er nicht zu einem angemessenen Abstand bereit. So haben wir uns auf ein Ei und ein Butterbrot verständigt. Ich hatte auch kein Verlangen, einen Container zu bestellen und in langer Kleinarbeit die geschaffene Schönheit zu zerstören. Was können die Pflanzen und Tiere für den Wechsel des Mieters?!
Vor 2 Jahren waren meine Frau und ich dann mal zu einem Spaziergang in unserem früheren Wohnort. Enttäuscht über das Aussehen des Gartens haben wir schnell das Weite gesucht. Nun waren wir vor drei Wochen wieder einmal zu einem Spaziergang in genau dieser Siedlung und das Bild des Grauens und Schreckens hat sich vergrößert. Die Stauden sind von Unkraut durchwachsen, die Holzterrassen zerfallen, der Teich ist verwildert und zugewuchert, zahlreiche Sträucher völlig verwachsen.
Da der Nachmieter die vielen Dinge wirklich geschenkt bekommen hat, kann er den Wert in keiner Weise ermessen. Es hat ihn nichts gekostet und damit lumpert er es einfach runter. Da es für ihn keinen Wert besitz, kann er dazu auch keine Beziehung aufbauen und ohne Beziehung gibt es keine Bindung. Die Dinge werden einfach nur benutzt und damit abgenutzt. Werterhaltung, bzw. – erneuerung erfolgt, wenn überhaupt, erst bei Unbrauchbarkeit.
So haben wir Variante 1 für die Entstehung einer Beziehung mit möglicher nachfolgender Bindung heraus gearbeitet; ich erwerbe etwas zu einem fairen Preis-Leistungs-Verhältnis. Auf die Wirtschaft bezogen bedeutet das, dass es keine Lösung ist, sich von anderen ausgebildete Arbeitskräfte vom Markt in das Unternehmen zu holen, sondern durch eigene Investition Personal entwickeln, nur so trifft die Aussage „Was mir lieb und teuer ist“ solange wir „wildern“ gehen, gibt es immer auf beiden Seiten Enttäuschungen. Es ist die auf holländisch adlige Art, die man „van den anderen“ nennt.
Über interne und externe Qualifikation erreichen wir, das Arbeitskräfte nicht nur benutzt und dafür bezahlt werden wollen, sondern auch fortlaufend in deren Bildung , „Wertherhaltung und – erhöhung“ investiert werden muss. Nicht allein Entlohnung, sondern Bildung führt hier zu Beziehung und Bindung.
Ein weiterer Fakt in der Beziehung und Bindung ist die Verbindung zwischen den Vertragsparteien.
Wer sich mit dem Thema Arbeitsproduktivität beschäftigt, dem sollte auch bekannt sein, dass diese Schwankungen unterliegen. Diese Schwankungen hängen einerseits mit rein psychischen und physischen, persönlich/ menschlichen Umständen zusammen. Hinzu kommen allerdings vom Arbeitgeber, Arbeitsmarkt und der Politik gemachte Umstände. Konkret bezogen ist das auf unsere heutige Praxis der Befristung von Arbeitsverträgen.
Unzufriedene Arbeitnehmer, wie in der Gallup-Studie dargestellt, sind nicht im Entferntesten dazu bereit, sich für das Unternehmen zu 100 % zu engagieren. Die Produktivität sinkt zwangsläufig. Mitarbeiter, die tatsächlich gekündigt haben oder gekündigt wurden, leisten auch nur noch einen Bruchteil von dem, wozu sie eigentlich in der Lage sind. Auch hier sinkt die Produktivität rapide ab, noch unter das Niveau unzufriedener Mitarbeiter. Abgesehen von der Wirkung auf andere Arbeitnehmer, die sich durchaus auch in ihrer Existenz am Arbeitsplatz „bedroht“ fühlen.
Wird ein Arbeitnehmer in ein Unternehmen eingestellt, selbst mit hohen Fach- und möglichst Branchenkenntnissen, so braucht auch er eine Anlaufzeit, in der er wiederum nur einen geringen Teil an Produktivität umsetzt. Hat diese Person einen unbefristeten Vertrag, findet sie über die Perspektive durchaus zu dem Punkt, an dem sich Engagement lohnt und die Produktivität steigt. Handelt es sich um einen befristeten Vertrag, wie bei Zeitarbeitsfirmen, Arbeitnehmerüberlassung oder gar geringfügiger Beschäftigung, wird die Produktivität, die über Motivation gesteuert wird, immer irgendwo herumdümpeln, aber nie auch nur annähernd 90 %, ganz zu schweigen von 100 %, erreichen.
Allein die Befristung eines Vertrages in einem Tätigkeitsfeld, mit dem man nicht binnen weniger Jahre „ausgesorgt“ haben kann (z. B. Profifußball, bestimmte Managementebenen, bei denen man nicht fallen, sondern immer nur steigen kann) zeigen dem Angestellten immer, dass die Arbeitgeberseite nur ein geringes Risiko tragen will, keine echte Beziehung, außer der, des monatlichen Lohnes, eingehen will. So ist der Arbeitnehmer im Umkehrschluss ebenso „gehemmt“ in seiner Freigiebigkeit, weil, was gibt es wertvolleres, als die Ware Arbeitskraft, die bis zum Rentenalter (67 Jahre) erhalten bleiben muss. Und im Gegensatz zu vielen Managern haben die normalen Arbeitnehmer auch noch ein Leben nach der täglichen Arbeit.
Auch hier eine Geschichte. Meine Frau arbeitet seit fast 6 Jahren bei einem großen Berliner Baustoffhandel. Sie ist Spezialist im Bereich Bauelemente, konkret allem, was mit Innentüren zusammen hängt. Sie wurde mit einem Jahresvertrag und der Aufforderung, den Verkauf im Bereich Trockenbau zu unterstützen, eingestellt. Selbst nach beginnenden Umsatzzuwächsen gegenüber den vorherigen Kollegen hat der Firmeninhaber auf die Unterstützung im Trockenbau bestanden. Nun, so sollte es ein. Der Jahresvertrag wurde dann in einen unbefristeten Vertrag verändert, aber immer noch völligem Desinteresse an Bauelementen. In mehr als fünf Jahren hat sich der Umsatz durch eine Einzelkämpferin – es gibt weder eine Urlaubs-, noch eine Krankheitsvertretung – von einstmals EURO 100.000,00 auf über EURO 600.000,00 entwickelt, ohne, dass es mal mehr Geld gegeben hätte oder ein Danke schön. Der unmittelbare Chef mit einer plötzlich zu Ende gegangenen und nie verkrafteten DDR-Offiziersvergangenheit ist ein totaler Menschenfreund und „weiß“, wie man Mitarbeiter motiviert. Die Bitte nach Unterstützung wird nicht ernst genommen, obwohl meine Frau nunmehr regelmäßig wegen Krankheit ausfällt. Mehr Geld als Leistungsprämie wird ebenso abgelehnt, wie auch die Einstellung eines Mitarbeiters zur Unterstützung. „Du hast es bisher geschafft, also kannst du das auch in Zukunft“, so der Menschenfreund. Kunden gehen mit ihren Angeboten – von meiner Frau erstellt – im Fall von Krankheit oder Urlaub zum Einkaufen zum Wettbewerb. Da macht doch Arbeit Freude!!!
Eine witzige Geschichte noch dazu: Ein Mann hat einen Affen und geht mit ihm in eine Kneipe. Dort sagt er zu den anwesenden Gästen:“Wer meinen Affen zum Lachen bringt, bekommt EURO 200,00, wer ihn zum Weinen bringt, EURO 200,00 dazu. Wer ihn dazu bringt, dass er davon läuft, der bekommt noch einmal EURO 200,00 dazu!“ einige Gäste versuchen es, ohne Erfolg, plötzlich geht ein Mann zu dem Affen, sagt ihm was ins Ohr, der Affe lacht, sagt noch etwas zu ihm und der Affe fängt jämmerlich an zu weinen und dann sagt er ihm noch etwas ins Ohr und der Affe läuft davon. Alle Anwesenden sind völlig platt. Der Besitzer gibt dem Erzähler seine EURO 600,00 und bittet ihn zu sagen, was er dem Affen geflüstert hat. „Nun“, sagt der Mann, „ich habe ihm erzählt, wo ich arbeite, da hat er gelacht, dann habe ich erzählt, was ich verdiene, da fing er an zu weinen und als ich ihm gesagt habe, dass wir noch Leute suchen, da ist er davon gelaufen.“
Somit haben wir einen weiteren Fakt für die Entstehung von Beziehungen und nachfolgenden Bindungen, das Vertrags- und Bezahlungsverhältnis, in dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu einander stehen. In einem Verhältnis, in dem der Arbeitgeber mit Vertragslaufzeiten und Entlohnung, aber auch verbaler Anerkennung geizt, sagt sich der Arbeitnehmer auch „Geiz ist geil“. Eine andere Schlussfolgerung kann sein: „Wer mit Bananen bezahlt, kann nur Affen kriegen!“
Betrachten wir einen dritten Fakt. Der Sinn des Lebens besteht in erster Linie darin, zu lernen. Wir bilden uns ein, dass auch immer zu tun, machen wir aber nicht. Wir bilden uns fort, immer in dem Sinne, wie unsere Wissensmuster sind. Lernen ist lernen für das Leben, das was wir machen, ist Bildung für den Beruf, ist Fachwissen. Aus Unkenntnis haben wir keine Erfolgsstrategie, sondern eine Lebensvermeidungsstrategie. Das Leben ist mehr, als der Beruf und das Berufsleben. In meinem Beruf bestehe ich nur, wenn ich im Leben bestehe und das kann ich nur, wenn ich für das Leben lerne und mich nicht nur für den Beruf bilde. Wäre uns bewusst, dass es unsere Aufgabe ist, zu lernen, würden wir keinerlei Manipulation unterliegen, wären wir in unserer ganz persönlichen Mitte, hätten wir kaum Angst, zumindest keine virtuellen Ängste.
Wir lernen mit unseren Sinnen, die da wären: Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen. Alle aufgenommenen Informationen – 0,0004 % bewusst und 99,9996 % unbewusst – werden in unserem Hirn gespeichert. Im Prozess des tatsächlichen Lernens verfügen wir durch den Gebrauch der Spiegelneuronen über ein phantastisches Instrument, das wiederum unbewusst sowohl positiv, wie auch negativ wirkt. Mit den Spiegelneuronen lernen und lehren wir ebenso bewusst, wie auch unbewusst und sie brauchen, bzw. haben immer Vorbilder. Jede Information, die zu uns kommt, geht, bevor sie verarbeitet wird, durch unser limbisches System als Bestandteil des Hirns und wird dort einer Wertung unterzogen. Erst von dort gelangt sie zur weiteren Verarbeitung mit Schlussfolgerungen in die anderen Hirnareale. Ist der Chef, gleich auf welcher Ebene Vorbild und nicht einfach Führungskraft sondern Führungspersönlichkeit, so animiert er mich zum Handeln. Meine Spiegelneuronen sagen mir: „das ist gut, das ist richtig, hier wirst du gebraucht, geachtet, akzeptiert.“ Schlussfolgerung ist: „hier darf ich arbeiten, hier werde ich gebraucht!“
Hat er keine Vorbildwirkung, weil er z. B. nicht führt, nicht entscheidet, Mitarbeiter behandelt nach dem Motto „teile und herrsche“, so nehmen auch das die Mitarbeiter auf und stellen sich in ihrem Verhalten darauf ein, indem sie sich ebenso ablehnend verhalten.
Die genannten Beispiele sind keine persönliche Verärgerung oder Ablehnung und auch keine Einzelbeispiele, ich hätte sie auch auf andere Personen projizieren können, so als Coaching- oder Trainingserlebnis, aber warum …?
Der Mensch hat sich im Verlaufe der vergangenen Jahrtausende nicht wirklich weiter entwickelt, er ist stehen geblieben, wenn er sich nicht sogar zurück entwickelt hat. Was sich entwickelt hat, sind die Erkenntnisse aus Wissenschaft und Technik, der Umgang mit diesen, aber der Mensch an sich tritt gesellschaftlich gewollt auf der Stelle. Er verliert immer mehr von seinem freien Denken und Handeln, er ist von den äußeren Einflüssen abhängig und auf sie fixiert. Und so leben wir natürlich auch altes, eigentlich überkommenes Wissen, und kultivieren es immer wieder neu, auch wenn es mittelalterlich ist und damit aus einer Zeit stammt, in der der Mensch nichts wert war. Ist er heute mehr wert???
Die Zeit, in der diese Erkenntnisse nieder geschrieben wurden, entsprich dem heutigen Stand der gesellschaftlichen Entwicklung z. B. in Afghanistan und einer Reihe anderer Staaten, durch deren extreme Auswüchse in der Religion unsere „kultivierte“ Welt „bedroht“ wird. Aber das ist ein anderes Thema für einen nächsten Beitrag.